Konstruktivismus – Constructivism

Der ‚Konstruktivismus‘ ist ein interdisziplinärer Diskussionszusammenhang, der vor allem Überlegungen aus der Biologie der Kognition (MANTURANA), der Physik (HAKEN), der Chemie (PROGOGINE), der Kybernetik (v. FOERSTER) sowie der Psychologie (WATZLAWICK, PIAGET, v. GLASERSFELD) bündelt, um die menschlichen Gehirnprozesse der Selbstreferenz (Rückkopplung), der Selbstorganisation und der Autopoiese (Selbstbezüglichkeit) zu beschreiben. Diese Prozesse spielen besonders beim Lernen und Erkennen eine Rolle, so dass sich deren Erklärungsversuche auch auf das (schulische) Lehren auswirken.

‚Constructivism‘ is an interdisciplinary discussion context that primarily combines considerations from the biology of cognition (MANTURANA), physics (HAKEN), chemistry (PROGOGINE), cybernetics (v. FOERSTER) and psychology (WATZLAWICK, PIAGET, v. GLASERSFELD) in order to describe the human brain processes of self-reference (feedback), self-organisation and autopoiesis (self-reference). These processes play a role especially in learning and cognition, so that their attempted explanations also have an impact on (school) teaching.   

Zum Begriff:

1. Eine Interpretation neurobiologischer Forschungsergebnisse: „Was den erkenntnistheoretischen Konstruktivismus angeht, so behaupte ich, dass er sich zwangsläufig aus der Konstruktivität unseres Gehirns ergibt. Gehirne – so lautet meine These – können die Welt grundsätzlich nicht abbilden; sie müssen konstruktiv sein, und zwar sowohl von ihrer funktionalen Organisation als auch von ihrer Aufgabe her, nämlich ein Verhalten zu erzeugen, mit dem der Organismus in seiner Umwelt überleben kann. Dies letztere garantiert, daß die vom Gehirn erzeugten Konstrukte nicht willkürlich sind, auch wenn sie die Welt nicht abbilden (können).“ (Gerhard Roth, Das Gehirn und seine Wirklichkeit, S. 21)

1. An interpretation of neurobiological research results: „As far as epistemological constructivism is concerned, I claim that it necessarily results from the constructiveness of our brain. Brains – this is my thesis – cannot in principle represent the world; they must be constructive, both from the point of view of their functional organisation and from the point of view of their task, namely to produce behaviour with which the organism can survive in its environment. This latter guarantees that the constructs produced by the brain are not arbitrary, even if they do not (cannot) represent the world.“ (Gerhard Roth: Das Gehirn und seine Wirklichkeit, p. 21)

 

2. Zusammenstellung konstruktivistischer Essentials: Entscheidend sind folgende drei Punkte:

  • Der konstruktivistische und damit subjektbezogene Charakter menschlicher Wahrnehmung und Erkenntnis: Es gibt keine Wirklichkeit ohne einen Beobachter, Denken und Erkennen sind nicht von demjenigen zu trennen, der denkt und erkennt.
  • Die informationelle Geschlossenheit menschlicher Organismen und ihre Fähigkeit zur Selbstorganisation:
    • Es gibt keine von uns unabhängige, objektive Umwelt, das menschliche Gehirn selbst ist es, das Umwelt und Welt erfindet.
    • Das führt einerseits auf die Idee der Schließung, denn Schließung bedeutet, dass Anfang und Ende zusammenfallen, andererseits auf die Idee der Autopoiesis, denn Autopoiesis bedeutet, dass sich das Gehirn selbst herstellt.
  • Die Unmöglichkeit, die Wahrnehmung und das Erkennen steuernd von außen zu beeinflussen.

2. compilation of constructivist essentials: the following three points are decisive:

  • The constructivist and thus subject-related character of human perception and cognition: there is no reality without an observer, thinking and cognition cannot be separated from the one who thinks and cognizes.
  • The informational cohesiveness of human organisms and their capacity for self-organisation:
    + There is no objective environment independent of us, it is the human brain itself that invents environment and world.
    + This leads on the one hand to the idea of closure, because closure means that beginning and end coincide, and on the other hand to the idea of autopoiesis, because autopoiesis means that the brain manufactures itself.
  • The impossibility of influencing perception and cognition in a controlling way from the outside.

 

3. Philosophische Konsequenzen: Realität und Wirklichkeit

  • „Das Gehirn kann zwar über seine Sinnesorgane durch die Umwelt erregt werden, diese Erregungen enthalten jedoch keine bedeutungshaften und verläßlichen Informationen über die Umwelt. Vielmehr muß das Gehirn über den Vergleich und die Kombination von sensorischen Elemnetarereignissen Bedeutungen erzeugen und diese Bedeutungen anhand interner Kriterien überprüfen. Dies sind die Bausteine der Wirklichkeit. Die Wirklichkeit, in der ich lebe, ist damit ein Konstrukt des Gehirns.“ (Gerhard Roth, Das Gehirn und seine Wirklichkeit, S. 19)
  • „Wenn ich aber annehme, dass die Wirklichkeit ein Konstrukt meines Gehirns ist, so bin ich gleichzeitig gezwungen, eine Welt anzunehmen, in der dieses Gehirn, der Konstrukteur, existiert. Diese Welt wird als »objektive«, bewusstseinsunabhängige oder transphänomenale Welt bezeichnet. Ich habe sie der Einfachheit halber Realität genannt und sie der Wirklichkeit gegenübergestellt“. (Gerhard Roth, a.a.O., S. 288)
  • „Obwohl erkenntnistheoretisch die Realität vollkommen unzugänglich ist, muß ich erstens ihre Existenz annehmen, um nicht in elementare Widersprüche zu geraten, und zweitens kann mir niemand verbieten, mir Gedanken über die Beschaffenheit der Realität zu machen, und zwar zu dem Zweck, die Phänomene in meiner Wirklichkeit besser erklären zu können.“ (Gerhard Roth, a.a.O., S. 321)

3. Philosophical consequences: reality and actuality

  • „Although the brain can be excited by the environment via its sensory organs, these excitations do not contain any meaningful and reliable information about the environment. Rather, the brain must generate meanings through the comparison and combination of sensory elementary events and verify these meanings using internal criteria. These are the building blocks of reality. The reality in which I live is thus a construct of the brain.“ (Gerhard Roth, Das Gehirn und seine Wirklichkeit, p. 19)
  • „But if I assume that reality is a construct of my brain, I am at the same time forced to assume a world in which this brain, the constructor, exists. This world is called the ‚objective‘ world, independent of consciousness or transphenomenal. For the sake of simplicity, I have called it reality and contrasted it with reality“. (Gerhard Roth, op. cit., p. 288)
  • „Although epistemologically reality is completely inaccessible, I must firstly accept its existence in order not to get into elementary contradictions, and secondly no one can forbid me to think about the nature of reality for the purpose of being able to better explain the phenomena in my reality.“ (Gerhard Roth, op. cit., p. 321)    Translated with www.DeepL.com/Translator (free version)

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